Bar­rie­re­frei­heit im Online­han­del: Pflicht oder Chan­ce?

Experte Freddy Tripold links und Gremialobmann Markus Miklautsch rechts. © Dietmar Wajand

Das Bar­rie­re­frei­heits­ge­setz (BaFG) tritt mit 28. Juni 2025 in Kraft – und bringt für Onlinehändler:innen neue Pflich­ten mit sich. Doch statt nur an Auf­wand zu den­ken, lohnt sich ein Per­spek­ti­ven­wech­sel: Wer bar­rie­re­frei denkt, ver­bes­sert nicht nur die Zugäng­lich­keit, son­dern auch Sicht­bar­keit, Nut­zer­freund­lich­keit und Wett­be­werbs­fä­hig­keit.

Trotz hoch­som­mer­li­cher Tem­pe­ra­tu­ren war die Stim­mung im Raum ange­nehm. Gekühl­te Geträn­ke, ein fei­nes Buf­fet mit Fin­ger­food und ein erfri­schen­des Eis zum Abschluss sorg­ten für locke­re Atmo­sphä­re bei einem kom­ple­xen The­ma: Bar­rie­re­frei­heit im Web. Fred­dy Tri­pold, Kärnt­ner Spe­zia­list für digi­ta­le Bar­rie­re­frei­heit, führ­te mit fach­li­cher Tie­fe, Humor und kla­ren Bot­schaf­ten durch die etwas ande­re Mit­tags­pau­se.

Was bedeu­tet Bar­rie­re­frei­heit wirk­lich?

„Bar­rie­re­frei­heit heißt: Ich kann eine Web­site nut­zen, ohne auf Hil­fe Drit­ter ange­wie­sen zu sein“, so Tri­pold. Der Begriff „Zugäng­lich­keit“ trifft es aus sei­ner Sicht bes­ser als „Bar­rie­ren“. Denn betrof­fen sind nicht nur Men­schen mit Behin­de­run­gen: Auch wer etwa ein Han­dy in der Son­ne ver­wen­det und den Bild­schirm kaum erkennt, ist in sei­ner Nut­zung ein­ge­schränkt.

Wer ist betrof­fen?

Mit dem BaFG sind mit 28. Juni 2025 alle B2C-Unter­neh­men mit mehr als zehn Voll­zeit­an­ge­stell­ten oder zwei Mil­lio­nen Euro Jah­res­um­satz ver­pflich­tet, ihre Online­an­ge­bo­te bar­rie­re­frei zu gestal­ten. Für B2B-Betrie­be gilt das Behin­der­ten­gleich­stel­lungs­ge­setz. Die Ver­pflich­tung betrifft daher fast alle – in unter­schied­li­chem Aus­maß.

Wel­che Tech­nik dahin­ter steckt

Bar­rie­re­frei­heit ist in ers­ter Linie eine tech­ni­sche Fra­ge. Eine sau­ber struk­tu­rier­te Web­site ver­bes­sert nicht nur die Nut­zer­er­fah­rung, son­dern auch die Sicht­bar­keit bei Goog­le. Denn kor­rekt pro­gram­mier­te Sei­ten sind auto­ma­tisch such­ma­schi­nen­freund­li­cher. Tri­pold brach­te es auf den Punkt: „Wenn auf dem Han­dy die Dar­stel­lung nicht passt, hat man als klei­ner Online­händ­ler kei­ne Chan­ce – dann sind Sie weg.“

Kos­ten, Prüf­auf­wand und Mythen

Natür­lich ent­ste­hen durch die Umstel­lung Kos­ten: Zwi­schen 10 und 15 Pro­zent Mehr­kos­ten kön­nen laut Tri­pold anfal­len, wenn eine bestehen­de Web­site ange­passt wer­den muss. Hin­zu kommt ein gerin­ger lau­fen­der Auf­wand und gege­be­nen­falls Kos­ten für exter­ne Prüf­stel­len. Beson­ders kri­tisch: Rund 80 Pro­zent der Web­sites sind laut Tri­pold tech­nisch man­gel­haft – ein Ver­säum­nis, das oft schon wäh­rend der Schul­zeit beginnt, wo Web­sei­ten zwar gebas­telt, aber nicht pro­fes­sio­nell auf­ge­setzt wer­den.

Auf­klä­ren statt abstra­fen

Die gute Nach­richt: Das Gesetz wird mit Augen­maß umge­setzt. „Bera­ten statt stra­fen“, so Tri­pold. Eine Über­gangs­frist von fünf Jah­ren bis 2030 sei vor­ge­se­hen, in der vor allem Auf­klä­rung und Ver­bes­se­rung im Fokus ste­hen.

Tipps für Händler:innen

  • Bei neu­en Web­auf­trä­gen Bar­rie­re­frei­heit gleich mit­ver­lan­gen
  • Die Web­site selbst über­prü­fen mit Tools wie WAVE
  • Die Web­site extern über­prü­fen las­sen
  • Auf tech­ni­sche Kor­rekt­heit ach­ten: kein Ein­satz von Over­lays!
  • Alter­na­tiv­tex­te manu­ell schrei­ben, nicht der KI über­las­sen
  • Ani­ma­tio­nen stopp­bar machen
  • Tas­ta­tur­na­vi­ga­ti­on und kla­re Über­schrif­ten­hier­ar­chie ein­bau­en

Und nicht ver­ges­sen: Eine Erklä­rung zur Bar­rie­re­frei­heit wird ver­pflich­tend! Zwar steht der genaue Umfang noch nicht fest, doch jede Web­site muss künf­tig deut­lich machen, dass sie sich mit dem The­ma Bar­rie­re­frei­heit aus­ein­an­der­setzt und ent­spre­chen­de Maß­nah­men umsetzt.

Fazit: Umden­ken lohnt sich

Tri­pold fasst es klar zusam­men: „Es braucht ein Umden­ken. Bar­rie­re­frei­heit ist kein rie­si­ger Auf­wand, wenn man es von Anfang an rich­tig macht.“ Und wer jetzt han­delt, gewinnt nicht nur recht­lich an Sicher­heit , son­dern auch an Sicht­bar­keit, Nut­zer­freund­lich­keit und Zukunfts­fä­hig­keit!